Bericht vom Festival „Mut gegen Rechts“ am 10. und 11. Juli 2021 in Ludwigsburg
Mitwirkende: Fridays for Future (Ludwigsburg), Libertäres Bündnis (Ludwigsburg), Psychosoziales Netzwerk (Ludwigsburg), Bunt fürs Leben (Ludwigsburg), Autstehen für Rassismus (Stuttgart), Migrantifa (Stuttgart), MIRA – Beratungsstelle für Geflüchtete und Migranten (Stuttgart), DemoZ Verein für politische und kulturelle Bildung (Ludwigsburg), Trottwar – Arbeit für und mit sozial Benachteiligten (Stuttgart), Selbstvertretung wohnungsloser Menschen e. V. (Pforzheim, Frankfurt), Aktionstreffen Klimagerechtigkeit (Stuttgart), Rems-Queer Kreis – offene Gruppe für queere Jugendliche
Das Aktionsbündnis MUT GEGEN RECHTS besteht seit sieben Jahren und geht in diesem Jahr eine neue Mischung aus Soziokultur und Politik ein. Vorträge und Workshops sowie neue Leute kennenlernen stehen dieses Jahr an erster Stelle. So werden auf der zweitägigen Kundgebung auf dem Akademiehof in Ludwigsburg Programmpunkte und Informationen zu verschiedenen Aspekten rund um das Thema der Sozialen Ungleichheit geboten.
Soziale Ungleichheit beschreibt den Zustand, wenn bestimmte Gruppen Ressourcen oder Lebensbedingungen haben, die ihnen regelmäßig bessere oder schlechtere Lebens- und Verwirklichungschancen bieten als anderen. In einer sich immer schneller verändernden Zeit, ändert sich auch die Welt und die Gesellschaft um uns herum. Bestehende und neue Krisen verstärken sich. Und der Umgang der Politik mit der mit diesen Krisen scheint völlig willens- und machtlos zu sein oder verstärkt diese sogar noch weiter. In einem vielfältigen Programm sollen unterschiedliche Aspekte von Sozialer Ungleichheit beleuchtet werden.
Das Mut gegen Rechts 2021 soll hierfür einen Raum für die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von Menschen innerhalb der Gesellschaft schaffen. Wir stellen die Frage, wo es Gemeinsamkeiten gibt und welche Ansätze zur Verbesserung bereits vorhanden sind. Wir sind davon überzeugt, dass wir nur dann gute Lösungen finden, wenn sich alle Menschen individuell an den Veränderungen beteiligen können und wir die verschiedenen Themen gemeinsam betrachten.
Um 14 Uhr begrüßt der Veranstalter alle Mitwirkenden auf dem Akademiehof in Ludwigsburg. Insgesamt sind 12 Initiativen und Bündnisse aus dem Großraum Stuttgart da. Die Selbstvertretung wohnungsloser Menschen ist zum ersten Mal dabei – vertreten durch Corinna und Richard Brox.
Unter einem guten Dutzend Pavillons stellen sich Gruppen und Initiativen vor, es gibt Vorträge, Workshops und Musik. Das übergeordnete Motto in diesem Jahr sei „Soziale Ungleichheit“, sagt Daria Schroth, Sprecherin der Initiative Mut gegen Rechts. Man spricht hier nicht nur über Rassismus und rechte Gewalt, sondern will insgesamt gesellschaftliche Ungleichheit in den Fokus rücken. Zudem, so erläutert es Daria Schroth, soll das Festival für alle Menschen offen sein, barrierefrei, gerade auch für solche, die unterschiedliche Ausgrenzungserfahrungen teilen, mit Behinderungen oder Krankheiten leben. Die Bella-Ciao-Rhythmen (kurz darauf folgt „Country roads“, Country ist auch erlaubt) stammen aus den Instrumenten der „Netzwerker“, der Musikgruppe des Psychosozialen Netzwerks. Eine Gebärdendolmetscherin übersetzt simultan vor der Bühne die Redebeiträge. Später am Samstag tritt Richard Brox auf und erzählt vom Leben auf der Straße – der frühere Obdachlose aus Mannheim ist mittlerweile dank seines Buches „Kein Dach über dem Leben“ Bestsellerautor.
In seiner Lesung geht Richard vor allem auch auf die Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft gegenüber Hass und Hetze, Rassismus, Ziganismus und andere Ausgrenzungen ein. Er fordert die ca. 70 Zuhörer auf sich diesem Hass entgegenzustellen. „Jeder Einzelne von uns ist hier gefordert. Jeder Mensch ist gleich viel wert und auf der Welt seine Fähigkeiten und Stärken unter Beweis zu stellen damit er einzigartig ist. Nutzen wir sie damit rechte Gewalt nicht die Oberhand gewinnt.“ Richard weist in seinem Gespräch mit den Zuschauern daraufhin dass er stolz darauf ist Mitglied bei uns zu sein. Die Selbstvertretung ist bundesweit der einzige Verein, den er kennt, in der Menschen mit Erfahrung von Wohnungslosigkeit sich gegenseitig unterstützen und Betroffene das Sagen haben
Am zweiten Tag (11. Juli) waren weitere Vorträge geplant. Diesmal zu den Themen Antiziganismus und Ableismus (Fachwort für die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ("Diskriminierung") wegen einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung oder aufgrund von Lernschwierigkeiten)
Nach diesen Vorträgen wurde noch eine Abschlussdiskussion mit 4 Teilnehmer*innen zum Thema soziale Ungleichheit geführt. In dieser Diskussion, welche später auch für die Zuschauer geöffnet wurde, kamen unter anderem die Umstände der sozialen Ungleichheit zur Sprache die verbesserungswürdig sind. Wir konnten uns kurz vorstellen, über unsere Arbeit berichten, Ziele, Forderungen und Zukunftsperspektiven ansprechen. Die Diskutanten erläuterten ihre Ansichten über Rassismus, Ausgrenzung und Entrechtung in den ihnen zur Verfügung stehenden Zeit so gut dass die Zuschauer trotz mehrfacher Aufforderung keinerlei Fragen mehr stellten.
Bericht: Corinna Lenhart, Pforzheim
Fotos: Mut gegen Rechts, Corinna Lenhart