Bitte beachtet auch den Terminhinweis am Ende dieses Textes


Frauengruppe WLTreffen Freistatt 2018 25 JuliLiebe Frauen,
sehr geehrte Damen und Herren Politiker*innen,
sehr geehrte Unterstützer*innen,

die Corona-Krise hat uns fest im Griff! Und sie trifft Frauen besonders hart: Sie arbeiten in systemrelevanten und zugleich unterbezahlten Berufen. Sehr viele Frauen sind aber auch häuslicher Gewalt durch den Partner ausgesetzt, werden diskriminiert, von Männern angemacht. Die Palette ist sehr vielfältig und wird von der Gesellschaft als Normalität hingenommen.

Jede dritte Frau in Deutschland wird in ihrem Leben Opfer physischer oder sexualisierter Gewalt. Bei jeder vierten Frau ist der Täter der aktuelle Partner oder ein früherer Partner. Auf das Jahr gerechnet ermordet in Deutschland fast täglich ein Partner oder Ex-Partner eine Frau. Das zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamts. Statistisch gesehen wird alle 45 Minuten eine Frau Opfer von gefährlicher Körperverletzung durch Partnerschaftsgewalt. Und es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer noch wesentlich höher liegt.

Gewalt in Familie oder Partnerschaft ist neben Armut ein wichtiger Auslöser von Wohnungslosigkeit bei Frauen. Nur wenige leben offen sichtbar auf der Straße. Aufgrund ihrer Sozialisation bemühen sich Frauen oft lange Zeit, ihre Wohnungslosigkeit zu verdecken. Sie kommen bei Freund*innen, Partner*innen oder Angehörigen unter, gehen Zwangsgemeinschaften ein, um der Straße zu entfliehen, oder leben in ungesicherten, unzumutbaren Wohnverhältnissen. Viele von ihnen harren in Gewaltbeziehungen aus oder gehen neue Beziehungen ein, um einen Schlafplatz zu bekommen.

Wohnungslosen Frauen mangelt es nicht nur an einer festen Unterkunft, sie leben häufig in Armut und leiden oft unter gesundheitlichen Problemen, zum Beispiel psychischen Erkrankungen oder Suchtproblemen.

Der Anteil der Hilfesuchenden ohne deutsche Staatsbürgerschaft in den Einrichtungen der freien Träger der Wohnungslosenhilfe hat sich zwischen 2010 und 2018 mehr als verdoppelt und liegt inzwischen bei 30 %. Mitarbeitende niedrigschwelliger Einrichtungen freier Träger schätzen den Anteil der nicht-deutschen Betroffenen z. T. auf 50 % und mehr.

Die von allen Bürgerinnen und Bürgern einzuhaltende soziale Distanz, die notwendigen Hygienemaßnahme, der weitestgehende Rückzug in die eigenen vier Wände – diese Maßnahmen sind mit den Lebensumständen wohnungsloser Menschen nicht vereinbar.

Aufgrund dieser Situation fordert die Selbstvertretung wohnungsloser Menschen Sofortmaßnahmen:

  • Die Belegungsdichte in Unterkünften muss umgehend reduziert werden. Dazu müssen zusätzliche Räumlichkeiten von den Kommunen akquiriert und angemietet werden, beispielsweise Pensions- und Hotelzimmer und Ferienwohnungen.
  • Bereitstellung von Einzelzimmern, um eventuelle Quarantänemaßnahmen sicherzustellen.
  • Aufrechterhaltung und ggf. Wiedereröffnung von Tagesaufenthalten, Essensausgaben und anderen niedrigschwelligen Angeboten, um auch die Versorgung der Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben, abzusichern.
  • Medizinische Versorgungsangebote müssen aufrechterhalten bleiben oder es müssen Alternativen geschaffen werden: Eine Mindestvoraussetzung ist die Ausstattung der medizinischen Projekte der Wohnungslosenhilfe mit allen benötigten Schutzutensilien.
    Wir verweisen auf Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, sowie auf Artikel 2, Absatz 2 des Grundgesetzes: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“
  • Für besonders vulnerable Gruppen von Wohnungslosen müssen abgeschlossene Wohneinheiten vorgehalten werden, um sie schützen zu können.
  • Gesetzliche Regelungen zur Aussetzung von Zwangsräumungen aus Wohnraum: Schon lange vor der Corona-Krise sind Räumungsverfahren eingeleitet worden, die jetzt unbedingt und verbindlich ausgesetzt werden müssen. Vollstreckungsschutzanträgen gemäß §765a der Zivilprozessordnung (ZPO) muss nachgegeben werden, denn das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art.2 Abs.2 Satz 1 des Grundgesetzes muss geschützt werden.

Darüber hinaus fordern wir:

  • eigene bezahlbare Wohnungen, in denen Schutzsuchende Frauen mit Kindern unterkommen können.
  • Das Recht auf Wohnung im Grundgesetz zu verankern und unabhängig davon sofortige Maßnahmen für einen sozialen Wohnungsbau unter Beteiligung wohnungsloser Menschen in Planung und Umsetzung auf allen Ebenen (Bund, Länder, Kommune) einzuleiten
  • Keine sexuelle Ausbeutung von Frauen in Wohnungsnot. Wohnungslose Frauen haben Schwierigkeiten eine bezahlbare Wohnung zu finden. Viele Vermieter nutzen die Notlage der Frauen aus und bieten Wohnungen nur gegen Sex an.
  • mehr Schutzräume speziell für Frauen und ihre Kinder in denen sie Hilfe und Angebote finden. Dies gilt auch für nicht-deutsche Frauen.
  • die Einrichtung multilingualer Schutzräume. Das Recht auf Hilfe besteht laut der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Artikel 2 und Artikel 7 unabhängig der Staatsbürgerschaft und Herkunft
  • viele Frauenhäuser sind komplett überlastet und können keine Frauen mehr aufnehmen. Erschwerend kommt hinzu dass den Frauenhäusern zu wenig Geld zur Verfügung steht. Hier fordern wir eine bessere Finanzierung und den Ausbau von Frauenhäusern.

Corinna Lenhart
Vorstandsmitglied Selbstvertretung
wohnungsloser Menschen e. V.

Kontakt:

Corinna Lenhart,
Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!,
Tel: +49 - (0)179 2603777


Terminhinweis: Am Internationalen Frauentag am Montag, den 08.03.2021 von 13:00 - 14:00 Uhr stellt sich das Netzwerk Frauen in der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen im Rahmen des Digitalen der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe zum Thema Frauen und Armut vor. Gäste sind willkommen. Weitere Informationen sind hier zu finden: diakonierwl-my

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