Eine Bank ist kein Zuhause!, so war der diesjährige Slogan anlässlich des bundesweiten Tag der Wohnungslosen in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Von 10 Uhr bis 16 Uhr präsentierte sich die Diakonie Hessen und die Selbstvertretung wohnungsloser Menschen und das Armutsnetzwerk - Karsten (Mainz) - auf dem Mauritiusplatz im Herzen der Stadt.
Unter der Leitung von Herrn Lutz bauten und betreuten die ca. 7 Mitarbeiter*innen die Stationen. An einem Glücksrad konnte man eine Wohnung gewinnen. Nein, es gab nur an, aus welchen Gründen der Interessent*in die Wohnung, sei es wegen Schufa, Hautfarbe, Kinder, Tiere, schmuddeliges Aussehen oder zu wenig Einkommen, nicht bekommen konnte.
An einer Filzwand durften Fotos,die Dinge zum Leben zeigten, in die Spalten „Luxus“ und „Zum Leben dringend benötigt“ angepinnt werden. Mit anschliessender Diskusion über das Meisterwerk.
Da die Diakonie Wiesbaden mit 9 Wohncontainer ganzjährlich ein kleines Containerdorf errichtet hat, wurde ein solcher im Grundriss 1:1 (12 qm) und mit Einrichtungsgegenständen aus Karton nachgestellt. So haben mindestens 9 Menschen oder Paare ein kleines zu Hause. Wettergeschützt, Strom, Singleküche, Heizung. Für die Hygiene stehen weitere 2 Container.
Ferner standen noch zwei Infotische mit allerlei Infomaterial und später auch die Unsrigen.
Und dazwischen wuselte ich herum, verteilte unsere Infobroschüren und unterhielt mich quirlig mit den Diakonern und den Besuchern. Ich war ganz schön enttäuscht, dass das Sommercamp oder die Selbstvertretung wohnungsloser Menschen zwar vage bekannt war, aber sich bis dato noch keiner intensiv damit beschäftigt hat. Man fand es eher belanglos. Da wurde nach Sinn und Zweck gefragt, nach Teilnehmerzahl, Strukturen, Internetpräsenz, Mitwirkende- und arbeiter, Träger, Verantwortliche, Ansprechpartner, usw. Schön, wenn man sofort Aufklärungsarbeit vor Ort leisten kann.
Um 16.00 Uhr sammelten sich ca. 25 Menschen um Erich Schmitt. Erich (57) ist ein Mitarbeiter der Diakonie Wiesbaden,war selbst Obdachlos und arbeitet nun als Suchtbetreuer. Er hat uns zu einer Führung durch „sein“ Wiesbaden einegeladen. Das Wiesbaden aus der Sicht eines Wohnungslosen. Er zeigte und erzählte von seinen Leben ,den Platten, Plätzen und seiner Trinkerei, durch die er seine Frau, die Wohnung, den Job und letztlich noch ein Bein verloren hat. Erich ist nun seit 11 Jahren trocken. Er hat wieder eine Wohnung, eine verantwortungsvolle Tätigkeit, einen Führerschein gemacht und seine alte Freundin geheiratet. Nach einer knappen Stunde lösten wir uns dann auf.
Ich fuhr dann nach Mainz zurück. Für das nächste Jahr wünsche ich mir einen Stand, vielleicht mit Unterstützung durch die geplante regionale Gruppe der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen und Armutsnetzwerk. Und warum nicht mal in Mainz?
September 2019
Bild und Text :
Karsten Dunzweiler