2017 Plakat

Gemeinsames Ergebnisprotokoll vom Wohnungslosentreffen 2017

In der Woche vom 23. bis zum 30. Juli 2017 fand in Freistatt, Niedersachsen das zweite Wohnungslosentreffen statt. 120 Teilnehmende aus mehr als vierzig Orten in Deutschland, Dänemark, der Schweiz, Finnland, Portugal, Österreich und Irland waren zum Treffen angereist. Auf der Eröffnung am 23. Juli 2017 wurden die „Goldenen Prinzipien“ als Grundlage für das Zusammenleben im Wohnungslosentreffen vorgestellt (siehe Anlage). Die Teilnehmenden haben sich am Samstag, den 29.07.2017 im Sinnesgarten in Freistatt zu einem Plenum versammelt und möchten folgendes festhalten:

A. Wir haben gelernt!

  1. Es ist uns wichtig, Verantwortung zu übernehmen. Eigenverantwortung für uns selbst und Mitverantwortung für eine Gruppe. Wir wollen Mut haben und mutig(er) werden.
  2. Wir brauchen Zeit und Vertrauen, um uns gegenseitig kennen zu lernen, alle einzubeziehen und um Konflikte auszuhalten und zu lösen.
  3. Wir sind in der Lage, Schwierigkeiten auszuhalten, Konflikte zu bearbeiten, und gemeinschaftlich Lösungen zu finden. Wir empfinden das als dazu gehörenden gruppendynamischen Klärungsprozess.
  4. Wir brauchen ein tägliches Plenum, an dem alle Anwesenden teilnehmen, als Forum für unsere gemeinsame Arbeit. Wir brauchen genauso Freiräume für geplante und spontane Gruppenarbeit und weitere Aktivitäten.
  5. Neben der inhaltlichen Arbeit half uns die tägliche Trommelgruppe beim Abbau von Spannungen. Auch die Beschwerderunde am Ende des Tages fanden wir gut.
  6. Wir benötigen gute Ideen, um neue Teilnehmende besser in den Gruppenprozess einzubinden. Das könnten beispielsweise Patenschaften sein oder Einführungsgruppen.
  7. Wir benötigen mehr Zurückhaltung und Sensibilität bei Foto- und Filmaufnahmen, um den Gruppenprozess nicht zu stören und Vertrauen aufzubauen.
  8. Wir finden es wichtig, „Wort zu halten“, d.h. verbindlich miteinander umzugehen.
  9. Wir haben gelernt, dass Männer und Frauen respektvoll miteinander umgehen.
  10. In unserer Gruppe sind Menschen mit Behinderungen. Mit ihren Bedürfnissen wollen wir aufmerksam umgehen und uns damit auseinander setzen.

B. Wir haben erreicht!

  1. Es hat sich eine selbstorganisierte Gruppe unter dem Arbeitstitel „Mutterschiff“ gegründet. Grund & Anlaß der Gründung dieser Gruppe ist die Weiterführung des Wohnungslosentreffens als Keimzelle für ein gerechtes, menschenwürdiges Leben.
  2. Eine Frauengruppe von 16 Frauen hat sich gegründet und ein Konzept und ein Aktionsvorhaben erarbeitet. Die Frauengruppe hat eine Kooperation mit dem Armutsnetzwerk und HOPE begonnen.
  3. Es fand auch eine Gruppe zu Familienfragen statt, die sich ausgetauscht hat und weiter arbeiten möchte.
  4. Es hat sich eine „Fahrplangruppe“ gebildet, die sich für die Weiterentwicklung der Konzeption und der Zukunftsplanung des Projekts Wohnungslosentreffen zuständig fühlt.
  5. HOPE, das europäische Netzwerk wohnungsloser Menschen, hat sich zu einer Generalversammlung getroffen und inhaltlich und organisatorisch breiter aufgestellt.
  6. Das Armutsnetzwerk hat sich zu einem offenen Mitgliedertreffen versammelt und über durchgeführte und geplante Projekte und Vorhaben gesprochen.
  7. Auf dem Wohnungslosentreffen wirkten Gäste aus Herzogsägmühle in Bayern, Haus Segeborn in Waldbröl und dem Schäferhof aus Pinneberg, aus dem Vorstand der Stiftung Bethel, eine Studierendengruppe vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam sowie Menschen aus dem Projekt RespAct mit, die ihre Projekte teilweise vorstellten und Bereitschaft signalisierten, unser Projekt zukünftig zu unterstützen (Geld, Orte, Räumlichkeiten). Weitere Referent*innen und Autor*en trugen zum Gelingen des Programm bei.
  8. Unsere Presse und Mediengruppe hat eine große Menge an Fotos, Video- und Tonaufzeichnungen, Interviews und Berichte erarbeitet, die zur Dokumentation des Treffens beitragen. Diese Ergebnisse sind z.B. in der Freistätter Online Zeitung, der Webseite vom Wohnungslosentreffen und vom Armutsnetzwerk bereits veröffentlicht oder werden veröffentlicht.
  9. Ein großer Teil der Teilnehmenden hat durch die Arbeit im Organisationsteam wesentlich zum Gelingen des Wohnungslosentreffens beigetragen.
  10. Teilnehmende haben wesentliche Teile des Programms selbst organisiert, zum Beispiel die Eröffnung, spontane Gruppenarbeit sowie die Abschlussandacht.
  11. Auf dem Wohnungslosentreffen ist es gelungen, allen Teilnehmenden Würde zu verleihen.
  12. Das Feuer auf dem Platz, auf dem wir unser morgendliches Plenum abgehalten haben, brannte die ganze Zeit.

C. Wir haben verabredet!

  1. Wir wollen das Wohnungslosentreffen weiter führen als Keimzelle für ein besseres Leben.
  2. 2. Die einzelnen Menschen und Gruppen wollen untereinander in Kontakt bleiben und weiter am Ziel des Aufbaus einer Selbstvertretung wohnungsloser und ehemals wohnungsloser Menschen arbeiten
  3. Auf dem Treffen der Menschen mit Armutserfahrungen Anfang Oktober 2017 in Berlin wird ein angemeldetes Forum dafür genutzt, unsere Vorhaben vorzustellen.
  4. Auf Anregung der Frauengruppe wollen wir erreichen, dass der 21.12. eines jeden Jahres als internationaler Tag der wohnungslosen Frauen ins Leben gerufen wird.
  5. Auf dem Wohnungslosentreffen 2018 soll es einen Theaterworkshop geben.
  6. Wir wollen auf dem Wohnungslosentreffen 2018 einen Workshop zum Thema Behinderungen vorbereiten
  7. Die Gruppe Öffentlichkeitsarbeit wird in Zusammenarbeit mit dem Organisationsteam eine umfassende Dokumentation des Wohnungslosentreffens 2017 erarbeiten und vorstellen.

Freistatt, 29.07.2017
Die Teilnehmenden vom Wohnungslosentreffen 2017

Anlage:

Goldene Prinzipien

  1. In Brüderlichkeit/ Schwesterlichkeit begegnen – friedlich und ohne Gewalt.
  2. Immer offen, rauschfrei & ehrlich – ein NEIN ist auch ehrlich.
  3. Sehe die Anderen & ihre Ideen – gebe ihnen Raum, Toleranz & Respekt.
  4. Bring dich ein. Soweit es geht.
  5. Mache selbst! Lass die machen, die machen wollen.
  6. Mut zur Lücke – es kann auch mal schief gehen.
  7. Hilfe ist freiwillig. Annehmen auch. Jeder kann es!
  8. Zeige Deine Haltung & lass den anderen ihre.
  9. Gier ist keine Zier! Nehme deine eigenen Bedürfnisse sowie die der anderen wahr.
  10. Leben und leben lassen. Spaß haben und Spaß haben lassen.
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